Der Power-Posing-Mythos: Zwischen Placebo-Effekt und wissenschaftlicher Debatte

Die Vorstellung, dass das Einnhmen dominanter Körperhaltungen (Power Posing) durch hormonelle Veränderungen Selbstbewusstsein und Erfolg steigert, wurde durch Amy Cuddys TED-Talk mit über 50 Millionen Aufrufen populär278. Doch die wissenschaftliche Basis dieser These ist fragil – die Effekte fallen, wenn überhaupt, minimal aus.

Ursprung und Rezeption der Power-Posing-Studien

Cuddys ursprüngliche Studie (2010) mit 42 Probandinnen behauptete, dass expansive Posen den Testosteronspiegel erhöhen, Cortisol senken und die Risikobereitschaft steigern68. Medien griffen diese vermeintliche „Lifehack“-Strategie begierig auf, doch Replikationsstudien mit größeren Stichproben (z. B. 200 Teilnehmenden) konnten diese Effekte nicht reproduzieren248. Kritikerinnen wiesen auf methodische Schwächen hin, darunter zu kleine Probandengruppen und statistische Artefakte14.

Warum die Effekte kaum messbar sind

  1. Hormonelle Veränderungen: Metaanalysen zeigen, dass Power Posing keine konsistenten Auswirkungen auf Testosteron oder Cortisol hat158.

  2. Subjektive Selbstwahrnehmung: Einige Studien deuten darauf hin, dass Proband*innen sich kurzfristig selbstbewusster fühlen – allerdings ohne nachweisbare Verhaltensänderungen57.

  3. Placebo-Effekte: Die scheinbare Wirkung könnte auf Erwartungshaltungen beruhen, ähnlich wie bei Glückssteinen oder Ritualen24.

Wissenschaftliche Einordnung

Trotz der Widerlegung der ursprünglichen Hormon-These wird Power Posing in der Forschung weiter diskutiert:

  • Geringfügige psychologische Effekte: Manche Metaanalysen erkennen minimale Auswirkungen auf das subjektive Machtgefühl, allerdings ohne praktische Relevanz für Leistung oder Entscheidungsverhalten56.

  • Kritik an der Kommerzialisierung: Trainer*innen vermarkten Power Posing weiterhin als „Wundermittel“, obwohl die Evidenzlage dünn ist48.

Fazit

Power Posing ist ein Paradebeispiel für die Lücke zwischen populärer Wahrnehmung und wissenschaftlicher Realität. Während expansive Körperhaltungen als psychologischer „Boost“ in Stresssituationen harmlos sind, fehlt jeder Beleg für tiefgreifende physiologische oder verhaltensbezogene Veränderungen258. Die Debatte unterstreicht, wie wichtig kritische Quellenprüfung ist – besonders bei simplen Lösungen für komplexe Probleme.

Quellen: Universität Bamberg (Meta-Analyse)1, trend.at (Coaching-Mythen)2, Hogrefe Consulting3, Michael Wälti4, Lehrblick (Bildungsmythen)5, Krauss GmbH6, Fitneo7, Wikipedia8.